Um seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine fortzuführen, greift der russische Präsident Wladimir Putin zu allen denkbaren Mitteln. Ein neues Rechtsgutachten des russischen Innenministeriums legt nahe, dass Putin angesichts der hohen Zahl der neu verpflichteten Soldaten in Zukunft mit Konsequenzen für das eigene Land und seine Bevölkerung rechnen muss.

In dem Gutachten mit dem Titel «Die Auswirkungen der speziellen Militäroperation auf die Kriminalität in Russland» kommt der Professor Willi Maslow, der in der Rechtsabteilung des russischen Innenministeriums arbeitet, zu dem Schluss, dass die russische Gesellschaft in den kommenden Jahren mit einem ernstzunehmenden Problem der Kriminalität zu kämpfen haben wird. Als mögliche Gründe dafür werden posttraumatische Belastungsstörungen, mangelnde Resozialisierung ehemaliger Häftlinge und zerstörte Familien genannt.

Maslow stützt seine Analyse auf Daten der Justizabteilung des Obersten Gerichtshofs und des russischen Strafvollzugsdienstes. Es handelt sich um einen seltenen Einblick in das vom Krieg isolierte Russland – verfasst von einem «Vertreter des Systems», wie die britische BBC schreibt, die zuerst über das Gutachten berichtete.

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Die grösste Gefahr, so Maslow, gehe von zurückkehrenden Kriegsveteranen aus, die vor ihrem Armeedienst als Straftäter inhaftiert waren. Jewgeni Prigoschin, der inzwischen verstorbene ehemalige Chef der Söldnertruppe Wagner, begann im Jahr 2022, die russischen Straflager nach Rekruten für seine Söldnerarmee zu durchkämmen. Später übernahm das Verteidigungsministerium die Rekrutierung. Die Bedingungen bis 2024 sahen vor: sechs Monate Dienst, ein monatliches Gehalt, danach Begnadigung und vollständige Löschung des Strafregisters. Ein Angebot, das das Interesse Tausender russischer Schwerverbrecher weckte.

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